1. bis 3. März 2024, Berlin
Im Jahr 2023 hat die Regierungskommission des Bundesgesundheitsministers Vorschläge zur Reform des Rettungsdienstes vorgelegt. Bisher ist er ein Flickenteppich: unterschiedlich organisiert und finanziert, mit uneinheitlichen Vorgaben für die Ausbildung und Besetzung der Rettungswagen und intransparente Strukturen. Zentraler Vorschlag der Kommission ist es, den Rettungsdienst in das SGB V aufzunehmen. Qualitätssicherung und -standards sollen vereinheitlicht und ein digitales Echtzeit-Register aufgebaut werden. Zudem müssen die Leitstellen straffer organisiert und die Befugnisse von Notfallsanitätern ausgeweitet werden. Nicht zuletzt braucht es ein einheitliches Vergütungssystem für den Rettungsdienst.
Sind die Vorschläge der Regierungskommission zielführend? Was muss beachtet werden, damit der Rettungsdienst gut funktioniert? Damit haben sich die Teilnehmer des Think Camps befasst.
Die Aufgabe:
Im pittoresken und ländlich geprägten Landkreis Niedlichau leben 180.000 Menschen. Sie sind etwas älter als die Bevölkerung im bundesweiten Durchschnitt, erfreuen sich jedoch – altersadjustiert – einer überdurchschnittlichen Gesundheit. Dagegen liegen die Steuereinnahmen des Landkreises unterhalb des Durchschnitts. Die Niedlichauer haben daher stets sparsam gelebt, ihr örtliches kleines Klinikum mit 220 Betten jedoch stets mit zwei Millionen Euro im Jahr unterstützt. Im Jahr 2023 waren es indessen schon vier Millionen, was der Kommunalhaushalt nicht dauerhaft schultern kann. Die finanziellen Hilfen müssen unbedingt abgesenkt werden, zumal ein traditionsreiches Unternehmen angekündigt hat, dass es seinen Betrieb im Landkreis verkleinern muss. So besteht die Befürchtung, dass auch noch die Gewerbesteuereinnahmen sinken werden.
Die Landrätin Helga Bleibtreu hat gehört, dass die große Krankenhausreform die Umwandlung kleiner Klinikstandorte in so genannte Level 1i-Kliniken ermögliche. Solche Kliniken würden anders vergütet, nach Tagessätzen, die auf Grundlage der Klinikkosten berechnet würden. Damit könnte vielleicht eine schwarze Null erreicht werden, meint sie. Aber das örtliche Krankenhaus hat bis dato die Basis-Notfallstufe zugewiesen bekommen mit einer Notfallversorgung rund um die Uhr über die ganze Woche. Level 1i würde allerdings nachts keine Notfallversorgung anbieten – und an den Wochenende auch nur in eingeschränkter Form.
Schwere Notfälle wie Schlaganfälle und Herzinfarkte werden jedoch heute schon im Nachbarlandkreis Großfürstenau im dortigen Schwerpunktversorger behandelt, der die Notfallstufe 2 hat. Die Rettungsfristen können dabei eingehalten werden und mit dem Pkw erreicht man von vielen Orten im Landkreis innerhalb von 30 Minuten den Schwerpunktversorger. Hier macht sich die Landrätin keine Sorgen. Aber die einfachen Notfälle? Und die abgelegeneren Orte? Sie würden zwar das Level 1i-Klinikum in weniger als 30 Minuten erreichen. Aber was passiert außerhalb der Öffnungszeiten? Kann das funktionieren?
Gut wäre eine KV-Bereitschaftspraxis im Rahmen des Level 1i-Klinikums. Bisher ist keine am Klinikum angesiedelt. Sie könnte die Versorgung in den Abendstunden und nachts übernehmen und am Wochenende ebenfalls aushelfen. Der niedergelassene Bereich im Landkreis Niedlichau wird aber von der dortigen KV als „von Unterversorgung bedroht“ eingestuft. Es wird also schwierig, eine solche Praxis zu besetzen.
In ihrer Verzweiflung entschließt sich die Landrätin Bleibtreu, Ihr Team anzurufen und um Ihre Mithilfe zu bitten: „Können Sie ein Konzept erstellen, wie die Notfallversorgung unter Einbindung des 1i-Versorgers, der KV, des Rettungsdienstes, vielleicht auch der Altenheime sowie des Schwerpunktversorgers gelingen kann? Sie dürfen völlig frei denken, auch hinsichtlich des Einsatzes moderner Technologie.“ Sie habe zudem gehört, dass der Bund im Bereich der Notfallversorgung Reformideen hat. Vielleicht liegt darin die Lösung?
Die Arbeiten der Teilnehmer:
Gruppe A:
Cora Härig, Niklas Axer, Pauline zur Nieden, Jonah Grütters, Christian Frieß – HIER LESEN
Gruppe B:
Milena Kolb, Annabelle Rauser, Andreas Wagenplast, Jan-Lukas Furmanek, Lena Kümmel – HIER LESEN
Gruppe C:
Patrick Eder, Julia Hermanns, Johannes Kayser, Eduard Klukas, Vincent Weber, Felix Westhäuser – HIER LESEN
Die Dozenten:
- Dr. med. Michael Bayeff-Filloff, Ärztlicher Landesbeauftragter Rettungsdienst, Bayer. Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration und Chefarzt Zentrale Notaufnahme, RoMed Klinikum Rosenheim
- Dr. Florian Reifferscheid, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND) und der Arbeitsgemeinschaft in Norddeutschland tätiger Notärzte (AGNN)
- Prof. Dr. Rajan Somasundaram, Ärztlicher Leiter Notaufnahme Campus Benjamin Franklin, Charité und Mitglied der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung
- Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung Zi
In Zusammenarbeit mit
Hashtag Gesundheit e.V. und Medhochzwei-Verlag